Nazca und zurück nach Cusco

Ich bin früh los aus mei­ner Oase Huacachi­na. Zu­rück ins quirr­li­ge Leben von Ica, das heute mor­gen gar nicht so tru­be­lig war. Mit dem Bus ging es dann in knapp 3 Stun­den von Ica nach Nazca. Ich saß im Dop­pel­de­cker ganz vorne oben und hatte einen herr­li­chen Blick auf die Land­schaft. Sand, Sand, Sand so­weit das Auge reicht. Manch­mal habe ich die Augen auch lie­ber zu­ge­macht, denn ei­ni­ge Über­hol­ma­nö­ver waren schon mehr als aben­teu­er­lich. Trotz­dem ein Er­leb­nis durch eine der tro­ckens­ten Wüs­ten der Erde zu fah­ren, in der oft jahr­zehn­te­lang kein Regen fällt.

Be­kannt ist Nazca für seine Naz­ca-Li­ni­en, die die Pa­ra­cas- und Naz­ca-Kul­tur ab 800 v. Chr. in die Ge­röll­wüs­te scharr­ten. Die deut­sche For­sche­rin Maria Rei­che ent­deck­te über 50 Fi­gu­ren und über 1000 Li­ni­en von bis zu 20 Ki­lo­me­tern Länge. Soll­te ich mir das auf einem Flug von oben an­se­hen? Die klei­nen Flie­ger krei­sen in engen Spi­ra­len über den Li­ni­en, die Pi­lo­ten kip­pen ihre Flie­ger mal rechts, mal links, damit auch jeder der In­sas­sen seine Fotos ma­chen kann …  und der ein oder an­de­re Pas­sa­gier ver­ab­schie­det sich dabei dann wie­der von sei­nem Früh­stück. Da ich die idea­le Kan­di­da­tin dafür ge­we­sen wäre, ver­zich­te ich auf den Flug. Das Geld in­ves­tie­re ich lie­ber in mein nächs­tes Aben­teu­er, den Manu Na­tio­nal­park. Ich be­gnü­ge mich also mit einem Blick vom 15 Meter hohen Aus­sichts­turm, der di­rekt an der Pan­ame­ri­ca­na ei­ni­ge Ki­lo­me­ter vor Nazca steht. Die Bus­fah­rer sind so nett und las­sen einen dort auf Wunsch aus­stei­gen. Zur Wei­ter­fahrt nach Nazca stoppt man dann den nächs­ten vor­bei­fah­ren­den Bus per Wink­zei­chen.

Von dem Aus­sichts­turm – eine leicht win­di­ge An­ge­le­gen­heit – sieht man zwei der Naz­ca-Fi­gu­ren: die Hand und den Baum. Die Hand hat nur 9 Fin­ger. Und so war Maria Rei­che wohl für die Er­for­schung der Naz­ca-Li­ni­en vor­her­be­stimmt. Sie zog sich 1932 vor Be­ginn ihrer Naz­ca-For­schun­gen eine Ent­zün­dung in einem Fin­ger durch einen Sta­chel zu und ver­lor ihren Fin­ger. So soll Maria Rei­che auch eine be­son­de­re Vor­lie­be für die Figur des Affen mit sei­nen 9 Fin­gern ge­habt haben. Und wem das an Mys­tik nicht genug ist, nun der kann ja ein biß­chen bei Erich von Dä­ni­ken nach­le­sen. Gehen se­riö­se For­scher bei den Naz­ca-Li­ni­en von einem Ri­tual­platz für Was­ser- und Frucht­bar­keits­kul­te oder einem rie­si­gen as­tro­no­mi­schen Ka­len­der aus, so könn­ten die Li­ni­en ja auch eine Lan­de­bahn für Au­ßer­ir­di­sche ge­we­sen sein. Nun, ich bin skep­tisch und finde es leicht be­fremd­lich, daß Erich von Dä­ni­ken Eh­ren­bür­ger der Stadt Nazca ist.  

Am Nach­mit­tag möch­te ich mir den Fried­hof von Chau­ch­il­la an­se­hen, der rd. 25 km süd­lich von Nazca liegt. Ei­gent­lich bin ich auf eine Tour ge­bucht, aber als ich bei der Agen­tur an­kom­me, feh­len ihnen die Leute. Ty­pisch Peru. Pri­vat­tour? Hm, ok, aber so teuer? Nach ein wenig ver­han­deln fährt mich der Bru­der des Agen­tur­in­ha­bers mit dem Taxi nach Chau­ch­il­la. Er ist ein lus­ti­ger Typ, der recht gut über die Ge­gend Be­scheid weiß. Und so er­fah­re ich ne­ben­bei ein biß­chen was über die Minen in der Um­ge­bung von Nazca und auch über die vie­len Kak­te­en­fel­der an denen wir vor­bei­fah­ren. Jetzt pro­fi­tie­re ich so rich­tig mal von mei­nem Spa­nisch, auch wenn der ein oder an­de­re halbe Satz an mir vor­bei­geht.

Nach einer guten hal­ben Stun­de Fahrt kom­men wir in Chau­ch­il­la an. Ein rie­si­ges Grä­ber­feld aus der Präin­ka­zeit mit tau­sen­den von Mu­mi­en­grä­bern liegt unter dem Sand. Über­all lie­gen Schä­del und Kno­chen­res­te, Grab­räu­ber haben hun­der­te von Grä­bern ge­öff­net und aus­ge­raubt. Ein klei­nes Mu­se­um in­for­miert und 14 frei­ge­leg­te und über­dach­te Grab­kam­mern sind zu be­sich­ti­gen. Ich bum­me­le den Weg ent­lang vor­bei an den Grab­kam­mern. Mu­mi­en, Kno­chen, Mu­mi­en, Kno­chen und ei­ni­ge er­staun­lich gut er­hal­te­ne ge­web­te Stoff­bah­nen. Bei den Mu­mi­en wur­den viele der bei den Nazca ty­pi­schen Lang­schä­del ge­fun­den, denn da­mals galt eine läng­li­che Schä­del­form als Schön­heits­ide­al. Des­halb wur­den häu­fig schon Babys Bret­ter an den Schä­del ge­bun­den, um so die Schä­del­form wäh­rend des Wachs­tums zu be­ein­flus­sen. Wie­der ein­mal finde ich es gut im heu­ti­gen Eu­ro­pa ge­bo­ren wor­den zu sein; mir ge­fällt mein Kopf auch ohne sol­che De­for­mie­run­gen.  

Abends habe ich noch ei­ni­ge Stun­den in Nazca zu über­brü­cken, bevor mein Bus über Nacht nach Cusco fährt. Einer Ein­ge­bung fol­gend ver­su­che ich Mi­cha­el, mei­nen Hau­ser-Gui­de von dem Hu­ay­huash-Trek, te­le­fo­nisch zu er­rei­chen. Er könn­te mit sei­ner Grup­pe ge­ra­de in Nazca sein. Und siehe da, ich liege rich­tig und habe ein net­tes Abend­es­sen in Ge­sell­schaft.

Kurz nach 21 Uhr stehe ich dann am Bus­bahn­hof bei Cruz del Sur. Aber der Bus – aus Lima kom­mend – hat fast 2 Stun­den Ver­spä­tung. Das be­geis­tert mich wenig, da ich total müde bin. Aber ich bin ja nicht die Ein­zi­ge, die auf den Bus war­tet und er­zäh­len­der­wei­se ver­trei­ben wir uns zu viert bei einem ob­li­ga­to­ri­schen Co­ca-Tee die Zeit.

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