Bus fahren

Autofahren ist mega-uncool wie ich in stern.de gelesen habe; der urbane Trendsetter unter 40 Jahren fährt Bus. Nun, ich bin weder unter 40 noch urban unterwegs. Bin ich trotzdem cool, nachdem ich letzte Woche so viel Zeit im Bus verbracht habe? Nein, ich lebe die lateinamerikanische Realität. Praktisch keine Züge. Innerlateinamerikanische Flugverbindungen nicht ganz billig. Inlandsflugverbindungen deutlich billiger, trotzdem häufig keine Alternative zu den konkurrenzlos günstigen Langstrecken-Busverbindungen. Außer vielleicht in Brasilien. Was sich aber noch nicht wirklich überall herumgesprochen hat. Ein Brasilianer erzählt mir, daß die Leute in diesem riesigen Land oft immer noch die Langstreckenbusse mit Fahrzeiten über 24 Stunden benutzen, weil sie noch nicht realisiert haben, daß ein Inlandsflug billiger sein kann.

Nachdem mein Zeit-Geld-Budget die Strecke Cusco/Peru – Foz do Iguazú/Brasilien der Flugvariante den Vorzug gegeben hat, bin ich nun wieder mit dem Bus unterwegs. 3 Nachtfahrten in 5 Tagen. Man sollte meinen das schlaucht. Nun, ich bin nicht so ganz ausgeschlafen wie auf meinen Touren um die Huayhuash oder durch den Manu in Peru mit Zubettgehzeiten um 20 Uhr. Aber ich habe mich gestern dabei ertappt, daß ich über das gesamte Gesicht grinsend mich im Bus zurechtgekuschelt habe und voller Vorfreude auf die Fahrt war. Und auf den neuen Ort, an dem mich der Bus am nächsten Morgen ausspucken würde. Schon die ersten Eindrücke am Morgen: Wie sieht der Busbahnhof aus? Groß, klein, entspannt oder hektisch, überfüllt und chaotisch? Alleine die Toiletten auf den Busbahnhöfen sagen viel über Land und Leute aus. Oder über das gewählt Busunternehmen.

Unerlässliches Equipment: IPod, Reisekissen, Oropax und je nach Land und Buslinie warme Klamotten. Und Verpflegung.

‚Steigt ein Fahrgast in einen Reisebus ein. In der einen Hand eine Tüte Pommes, in der anderen Hand eine Currywurst. Daraufhin stoppt ihn der Busfahrer mit den Worten: He, der Bus ist doch kein Speisewagen! Antwortet der Fahrgast: Weiß ich doch, deshalb hab‘ ich ja mein Essen selbst mitgebracht!‘ – Tja, wenn das mit den Toiletten manchmal auch so einfach wäre.

Und da ich gerade beim Busfahren war – im übrigen im comfortablen VIP-Bus auf der Strecke Porto Alegre/Brasilien nach Montevideo/Uruguay in 12 Stunden – habe ich in Gedanken meine Busfahrten in den letzten Monaten Revue passieren lassen.

VIP-Busse – das non-plus-ultra
… oder: besser als ein Flug in der Economy-Klasse. Meine Busfahren Langstrecke durch die Nacht (man kann sie sich als ‚Langstreckennachtcomfortbusfahrten‘ auf der Zunge zergehen lassen) in Mexiko und Peru waren sicherlich die bequemsten. Unmengen von Platz mit nur 3 breiten, bequemen Sitzen in einer Reihe und weit zurückstellbaren Sitzlehnen; Stewardess, Decke, Kopfkissen und Verpflegung – mit vegetarischer Option – inklusive. Was will man mehr? Nun, den längeren Fußraum in den brasilianischen Bussen. Die peruanischen Busse sind wohl auf die peruanische Bevölkerung und nicht die Ausländer angepasst.

Herzstillstand-Busse
Am aufregendsten war sicherlich die Strecke von Cusco aus in den Manú-Nationalpark und retour. Einspurig mit Gegenverkehr, Schotterpiste, ausgiebige Tiefblicke in Schluchten und Bergtäler mit Momenten des Luftanhaltens während sich der Bus schwankend um Kurven manövriert. Aber was beschwere ich mich. Ich habe ja noch nicht mal einen öffentlichen Bus benutzt. Das wäre erst ein Spaß gewesen.

Ein Bus – eine Schnecke
Am langsamten meine Fahrt mit dem Chickenbus – einem ausrangierten Schulbus aus den USA – in Nicaragua auf der kurzen Strecke von Granada nach San Juan de Oriente. Der Bus kam ja über eine Geschwindigkeit von 30 km/h nicht hinaus. Er schepperte, klapperte und rüttelte – und stand kurz vor dem Auseinanderfallen.

Der Bus, dem ich fast den Hals umgedreht hätte
… oder war es doch der Busfahrer? Wenn ich ihn denn erwischt hätte! Aber er hat mich ja bei der Grenzüberquerung Belize/Mexiko trotz gegenteiliger Versprechen einfach hinter der Grenze in Mexiko stehen lassen.

Die kuscheligste Busfahrt
… hatte ich sicherlich in Nicaragua auf der Rückfahrt vom Zoo nach Granada. Bei 35 Grad in einem Collectivo-Minibus enggedrängt mit 30 anderen Passagieren. Eigentlich gab es nur 15 Sitze, oder? Puh!

Bushaltestellen im Nirgendwo
Sich an den Straßenrand stellen und per Winkzeichen den nächsten Bus stoppen. Kleine Abenteuer in Nicaragua, Belize, Peru. Hatte mich ja manchmal in Lateinamerika gefragt: Wo gehen die Leute hin, wenn sie mitten im Nirgendwo aussteigen und wo kommen die Leute her, die mitten im Nirgendwo in den Bus zusteigen? Kein Haus weit und breit war zu sehen. Bis ich dann selber in der Pampa aus- und eingestiegen bin. Den Bus stoppen ‚kurz vor der Zollbrücke, hinter der roten Mauer‘, an der ‚Zufahrt zum Zoo‘ oder eben an einer bestimmten Straßenkreuzung um in den nächsten Bus umzusteigen. Bushaltestellen? Fehlanzeige.

Und ich erinnere mich an eine Busfahrt vor Jahren in Bolivien als wir an einer Straßenkreuzung im Nirgendwo aus dem einen Bus ausstiegen um den nächsten Bus nach Copacabana am Titcacasee abzupassen. Und der angeblich alle Stunde fahrende Bus kam nicht und kam nicht. Ein Trucker nahm uns damals mit, denn sonst würden wir vermutlich heute noch dort warten …

Die teuersten Busse
… fahren sicherlich in Brasilien.

Den trockensten Bus
… habe ich erst kürzlich in Foz do Iguazú auf dem Weg zum Itaipu-Staudamm genossen als es Wasser vom Himmel schüttete und ich trocken im Bus saß. Die kleinen Freuden des Lebens!

Unbequeme Busse
… gibt es in Lateinamerika ohne Ende. Mehr in Zentralamerika und weniger in Brasilien, Argentinien und Chile. Den unbequemsten Bus auf dieser Reise hatte ich ausgerechnet in der Schweiz Mittelamerikas, in Costa Rica, auf dem Weg zu meinem Schildkrötenprojekt ‚La Tortuga Feliz‘. Sitze so durchgesessen, daß bei jedem Schlagloch der Metallrahmen zu spüren war. Sollte ich mich freuen, daß es in Costa Rica weniger Schlaglöcher gibt als in Bolivien? Die Abstände zwischen den Bänken so eng, daß selbst ich meine Beine nicht untergebracht bekommen habe.

Und wenn solche Kleinigkeiten nicht ausreichen, dann sind sicherlich Langstreckenbusse ohne Toilette die Krönung. Pinkeln nur auf Kommando im Pulk sobald der Bus stoppt – wenn er denn mal stoppt.

Busse ohne Freiheit
… werden in Cuba verabreicht. Die staatliche Buslinie Viazul ist Trumpf. Pünktlich und zuverlässig, aber häufig im Inneren recht dreckig. Keine Alternativen für uns Touristen auf den Strecken, die Viazul bedient. Den Busfahrern der anderen Buslinien wird eine hohe Geldbuße auferlegt, sollten sie doch einen Touristen mitnehmen.

Buskampf oder Queueing
Auch wenn in Belize englisch gesprochen wird, hat das englisch perfektionierte Queueing dort nicht abgefärbt. Ellenbogeneinsatz beim Kampf um einen Sitzplatz ist gefragt. Denn nur wer einen Sitzplatz ergattert darf ab Busbahnhof mitfahren. Wie entspannt war es doch im spanischsprachigen Nicaragua, wo englisch perfekt auf den Bus in Manuaga gewartet wurde.

Eine Busfahrt zum Schlechtwerden
Selbst VIP-Busse schützen nicht vor Nebenwirkungen. Im VIP-Bus von Cruz del Sur sind auf der kurventrächtigen Strecke Lima – Cusco – Lima reichlich Spuktüten inklusive im Service.  

Und welche Busfahrt hat mir bisher am besten gefallen?
Spontan fällt mir da die Busfahrt in Belize von Belize City nach San Ignacio ein. Chickenbus. An dessen Sitzen bereits ausgiebig die Schaumstoffmonster gewütet haben. Relaxte Raeggae-Musik. Alles Gepäck lag direkt vor der hinteren Tür im Bus, die zum Glück einen nervigen durchdringenden Hupton von sich gab, wenn sie nicht richtig geschlossen war. 

Und was kommt noch?
Busfahren in Ländern wie Argentinien, Chile und Neuseeland, die das Langstrecken-Busfahren perfektioniert haben. Keine Abenteuer.

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3 Antworten zu Bus fahren

  1. WuCh sagt:

    …ergänzend zu erwähnen ist noch das Selbstfahrerbusle…blank poliert, das Getriebe schaltfreudig in allen Gängen, der Innenraum teppichausgelegt, die Sitze frisch bezogen…und frei in der Wahl der Straßenart und dem Ziel.
    Gruß WuCH

    • Anke sagt:

      Was für ein Glück eine kleine Schwester zu haben, die Elan und Kontakte hat, wenn der Bully mit Getriebeschaden liegenbleibt. So kann ich mich bei meiner Rückkehr aus der weiten Welt auf weitere Busle-Fahrten freuen. Soll das ein Incentive für mich sein, nach 12 Monaten auch wirklich den Weg zurück nach Deutschland zu finden?
      LG Anke

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