Update Busfahrten

Busfahren. Noch bin ich alleine in Neuseeland unterwegs, also bleibe ich bei meiner altbewährten Transportmethode und nutze das öffentliche Bussystem. Ich habe mich auf die Intercity-Busse eingeschossen, denn sie haben das einfachste und übersichtlichste Buchungsystem und fahren in ganz Neuseeland. Es gibt unzählige andere Busanbieter, die ihre Buspässe – häufig auf Stundenbasis – anpreisen. Ein Preisvergleich um die günstigste
Reisemöglichkeit zwischen all diesen Busunternehmen herauszufinden artet fast in eine kleine Doktorarbeit aus.

Heute morgen nehme ich den Bus von Queenstown nach Christchurch. Ich habe vorgebucht, mein Gepäck verschwindet im Bauch des Busses und der Busfahrer hakt meinen Namen auf seiner Liste ab. Einsteigen, Sitzgurte anlegen und los geht es. Die Busfahrer fahren mit Headset und jede der Busfahrten artet in eine Sightseeingtour aus. Zu der herrlichen Landschaft, die wir durchfahren, erhalten wir in einem ununterbrochenen Redestrom jede Menge Informationen seitens des Busfahrers. Bei meiner ersten Busfahrt dachte ich einfach, daß ich mit einem erzählfreudigen Busfahrer unterwegs bin. Aber dann stellte ich fest, daß diese Unterhaltung im Bus normal ist. Manchmal schön und interessant, manchmal sehr anstrengend. Denn einige der Busfahrer sprechen ein für mich wirklich schwer zu verstehendes Kiwi-Englisch. Also bin ich auf meine heutige Busfahrt gespannt. Eigentlich habe ich die Tour von Christchurch aus schon abgefahren. Heute geht es die gleiche Strecke retour. Aber meine Hinfahrt nach Queenstown war eben mit einem Busfahrer, den ich trotz aller Anstrengung nur bruchstückhaft verstanden habe. Nach einer Weile verschwammen seine Erzählungen zu einem unverständlichen Lautbrei für mich und ich habe seine Stimme einfach ausgeblendet. Ipod anstellen und Musik hören war da die einzige Rettung. Heute dagegen spricht mein Busfahrer ein tolles klares Englisch, also werde ich sicherlich zuhören und noch das ein oder andere über Neuseeland erfahren.

Gerade fahren wir durch Terras Village. Hier leben doch tatsächlich 35 Leute. Aber immerhin gibt es einen Golfplatz in diesem kleinen Ort. Die meisten Leute denken in Verbindung von Sport und Neuseeland an Rugby oder Cricket und vergessen dabei, daß Golf der Nationalsport in Neuseeland schlechthin ist. Umgerechnet auf die Einwohnerzahl des Landes gibt es nirgends auf der Welt pro Kopf mehr Golfplätze als in Neuseeland. Und hier in Terras? So ein Golfplatz will ja in Schuß gehalten werden und dafür braucht man eine Menge Freiwillige. Nun, Rasen mähen können auch Schafe; also lassen die Bauern von Terras ihre Schafe auf den Golfplatz los. Im Vorbeifahren erhasche ich aus dem
Bus einen Blick auf den Platz. Sieht gut aus. Aber was würden die Golfer wohl in unserem Teil der Welt sagen, wenn sie mit ihren feinen Golfschuhen in die kleinen vielerorts verstreuten Hinterlassenschaften der Schafe treten würden, während sie den Golfball von einem Green zum nächsten schlagen?

Die andere Frage, die ich mir heute beim Busfahren stelle: Warum habe ich immer perfektes Wetter mit strahlendem Sonnenschein, während ich im Bus sitze? Und bin ich wandern regnet es … . Irgendetwas scheint hier verkehrt zu laufen.

Ich schaue aus dem Bus und sehe Schafe ohne Ende. Nicht nur in dem kleinen Ort Terras, sondern soweit das Auge reicht. Schafe, Schafe und nochmals Schafe. Hier unten im Tal weiden die Romneys und andere Tieflandrassen, auf den Höhen sind die Merinos, die die flauschig weiche Wolle geben. Für mich waren Schafe immer Schafe. Unterschiede? Gibt es die? Aber ja! Hier lerne ich, daß es Dutzende verschiedener Rassen gibt. Nun, solange ich sie nicht auseinanderhalten muß … . Und schon gar nicht scheren muß. Selbst heute
mit elektrischen Scheren gehört die Arbeit des Schafe scherens zu den Top 5 der
anstrengendsten körperlichen Arbeiten.

Besonders seltsam finde ich die Herden von Rotwild, die hier auf den Weiden äsen. Kein wildes Rotwild, sondern Herden, wie wir in Europa Kühe halten und züchten. Für mich gehört Rotwild in die freie Natur. 1871 wurde das erste Rotwild, importiert aus Schottland, am Lindispass in Neuseeland freigelassen, damit Jäger Großwild jagen konnten. Die damals freigelassenen 7 Tiere haben sich inzwischen so vermehrt, daß Rotwild das ganze Jahr über geschossen werden darf.

Hier am Lindispass sieht die Landschaft sehr karg aus; keine Bäume, nur ein paar niedrige Büsche und struppiges Gras. Und trotzdem ist die Gegend beliebt – Werbespots verschiedener Automarken wurden hier gedreht.

Aber nicht nur über Orte und Tiere informiert mich der Busfahrer. Gerade fahren wir durch ein Meer von wunderschön in lila, rosa und weiß blühenden Lupinen. Lupinen sind keine einheimische Pflanzen in Neuseeland, sondern sie wurden wie so viele andere Pflanzen nach Neuseeland eingeführt. Aufgrund ihres schnellen Wachstums klauen sie den einheimischen Pflanzen Wasser und Nährstoffe und strangulieren diese so. Also führt die Naturschutzbehörde von Neusseland einen Kampf gegen Lupinen, um sie von den Nationalparks fernzuhalten.

Unser Busfahrer legt kurze Fotostops am Lindispass und an einem See mit Blick auf Mount Cook ein. Wo gibt es das schon? Am herrlich gelegenen See Tekapo machen wir 40 Minuten Mittagspause. Wir Touristen können entscheiden, ob wir Mittag essen oder einen kleinen Bummel am See und ein wenig Sightseeing machen, bevor es nach Christchurch weiter geht. Hier am See Tekapo wechselt der Busfahrer. Und siehe da, fast die ganze Fahrt völlige Funkstille. Diesmal erstaunlicherweise ein Busfahrer, der nichts über sein Land zu erzählen hat.

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