Auf den Spuren der Jesuiten

Ich nehme den Bus von Foz do Iguaçu nach Santo Angelo. Umsteigen in Cascavel ist angesagt, bevor es durch die Nacht nach Santo Angelo geht. Ich vermisse den VIP-Bus aus Peru. Auf dieser Strecke fahren leider nur normale Busse, auch wenn sich die Sitze relativ weit zurückstellen lassen. Am nächsten Morgen um 7 Uhr genieße ich dann das Bahnhofsbistro in Santo Angelo, trinke einen Kaffee zum Aufwachen und warte. 4 Stunden später geht es weiter nach Sao Miguel das Missões. Im Hostel in Iguaçu schaute man mich nur komisch an, als ich von meinem nächsten Ziel berichtet habe. Sao Miguel – wo ist das?

Bei meiner Ankunft in Sao Miguel merke ich sofort, daß ich mich abseits der üblichen Backpackerpfade bewege. Ich bin auf dem Land. Breite Straßen, verstreute Häuser, durch das Zentrum von Sao Miguel bin ich durchgelaufen, bevor ich es als solches identifiziert habe. Meine Unterkunft Pousada das Missões ist gleich um die Ecke von der Bushaltestelle. Jugendherberge, aber teuer, dafür eine sehr nette Anlage und ein Pool. Die Sonne scheint und ich bin etwas angeschlagen von der Nachtfahrt. So beschließe ich, das Sightseeing auf morgen zu vertagen und den restlichen Tag am Pool zu verbringen.

Ach, mein Zimmer in der JuHe. Ein Raum mit 10 Betten, zwei Duschen und zwei Toiletten ganz für mich alleine. Kein Einzelzimmer wie bestellt? Es sei alles ausgebucht wird mir erzählt. Ich schaue mich um und sehe außer mir niemanden in der riesigen Anlage. Aber 2 Busladungen voller brasilianischer Touristen trudeln dann kurz vor Mitternacht ein. Von beschaulichem Landleben verwandelt sich die Jugendherberge innerhalb von Sekunden in eine chaotisch-laute Herberge. Ich mache mich schnellstens aus dem Staub und stelle mich unter die Dusche bevor die Neuankömmlinge mir das warme Wasser klauen.

Am nächsten Morgen ist der Spuk genauso schnell vorüber. Ich gehe spät zum Frühstück. Noch ist Trubel, aber da steht schon der brasilianische Reiseleiter in der Tür. Ein durchdringendes Trillern mit seiner Trillerpfeife – mir fällt fast das Ohr ab – und schon verschwinden alle im Bus. Ich treffe die Gruppe wieder als ich mich eine Stunde später auf den Weg zur Jesuitenruine mache. Aber auch hier ist die Gruppe gerade am Gehen und ich habe die Ruine dann praktisch für mich alleine.

Zwischen 1607 bis 1768 gründeten die Jesuiten im Dreiländereck Brasilien, Argentinien und Paraguay zusammen mit den Guarani-Indianern viele Missionen, die sog. Jesuitenreduktionen. Sao Miguel gehört seit 1983 zum Weltkulturerbe der UNESCO. Und so war ich neugierig auf die Ruine. Sie gefällt mir. Was mir weniger gefällt: Alle Erklärungen nur auf portugiesisch. Auch bei der abendlichen Ton- und Lichtschau – Daunenjacke, Mütze und Sitzkissen sind willkommen – lasse ich Licht und Musik auf mich wirken und die Erklärungen in portugiesisch einfach an mir vorbeiziehen.

Sao Miguel ist so groß, daß selbst ich auf der Straße gegrüßt werde. Von Fußgängern und Autofahrern gleichermaßen. Laufend kommt die neugierige Frage nach meiner Herkunft. Und erstaunlicherweise spricht der ein oder andere hier Deutsch. Hilfreich, denn mit Spanisch und Englisch komme ich hier nicht weiter und fühle mich manchmal ein wenig sprachlos.

Am nächsten Mittag fahre ich dann zurück nach Santo Angelo. Bummele durch die Stadt, schaue mir die Kathedrale an, die auch auf dem Gelände einer ehemaligen Jesuitenreduktion steht. Die Kathedrale sieht aus wie neu gebaut. Doch dann sehe ich, daß sie renoviert wurde und nur der neue Anstrich die Kathedrale wie neu aussehen läßt.

Viel gibt es in Santo Angelo nicht zu erleben. Kathedrale und Museum. Dann verbringe ich die Zeit ein wenig im Internetcafe bevor ich meinen Rucksack aus der Gepäckaufbewahrung hole und auf den nächsten Bus warte, der mich dann über Nacht von Santo Angelo nach Porto Alegre bringt.

Und so sitze ich gerade wieder im Internet in Porto Alegre. 15 Stunden Aufenthalt in Porto Alegre, die ich mir vertreiben muß, bevor es mit dem nächsten Nachtbus nach Montevideo fahre. Ob ich wieder soviele Mitreisenden treffen werde, die große Kopfkissen – bevorzugt mit Rüschenbezug – mit auf die Busfahrt bringen werden?

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