Sierra Maestre und der höchste Berg von Cuba – Pico Turquino

Nach 4 entspannten Tagen in Baracoa fuhr ich mit Susanne nach Bayamo weiter. Wir wollten den höchsten Berg von Cuba, den Pico Turquino in der Sierra Maestre, besteigen. Uns war es nicht geglückt unsere Tour von Baracoa aus zu organisieren, weder über die Reisebüros (auf überregionale Zusammenarbeit kann man im Sozialismus nicht immer hoffen) noch telefonisch (‚da müssen Sie schon persönlich vorbeikommen‘). Da wir erst abends um 22 Uhr in Bayamo eintrafen, mußten wir einen Tag in Bayamo zusätzlich einplanen. Nachdem wir beide Geld brauchten und in Baracoa auf den Banken keines zu bekommen war, nutzten wir unseren Zusatztag für diverse organisatorische Dinge.

Ach ja, kleiner Einschub zum Thema ‚Wie komme ich auf Cuba an Geld?‘ Sicherlich nicht mit EC-Karte wie überall sonst in der Welt. Bargeld steht hier groß im Kurs, sofern es harte Währungen wie Euro oder Schweizer Franken sind. Cayman Dollars? Nein, danke, nehmen wir auf Cuba nicht an. Aber wer reist bitte schön mit Bargeld für 4 Wochen Urlaub an, vor allem wenn man zuvor wie ich durch andere lateinamerikanische Länder gereist ist? Travellerchecks? Ja, werden getauscht, sofern sie nicht von einem US-amerikanischen Geldinstitut sind. Leider werden in Deutschland jedoch nur noch Travellerchecks von Amerikan Express ausgegeben. Das Zauberwort heißt Kreditkarte einer nicht-US-amerikanischen Bank. Damit kann man in Havanna direkt am Automaten Geld holen und an allen anderen Orten zumindest in der Bank Geld bekommen. Aber eben auch nicht immer…

Mein erster Gang zur Bank in Trinidad war völlig unproblematisch. Rein in die Bank, Kreditkarte auf den Schalter, Unterschrift geleistet, Geld bekommen und fertig. So dachte ich, daß Geld holen in Cuba völlig unproblematisch sei und war nicht darauf vorbereitet in Baracoa eben kein Geld auf der Bank zu bekommen. ‚Die elektronische Verbindung für das Kreditkartengerät funktioniert nicht.‘ war die lakonische Antwort. ‚Vielleicht später.‘ Später saß ich jedoch schon im Bus nach Bayamo. Also Geld holen in Bayamo. Dafür war der Zusatztag dann ja gerade gut. Da an diesem Tag jedoch die Renten an die Cubaner ausgezahlt wurden, wollte man uns auch in Bayamo kein Geld geben. Mit den Worten, daß ein zusätzlicher Service nicht möglich sei, wurden wir an den Eingangstüren der Banken abgewimmelt. Nachdem wir praktisch alle Banken abgeklappert hatten und auf die Tränendrüse gedrückt hatten (kein Geld mehr, ohne Geld aber keine Casa-Übernachtung), ließ sich ein Türsteher erweichen und versprach uns für den Nachmittag Service. Endlich waren wir wieder solvent – allerdings habe ich mehrere hundert CUC vollständig in 3 CUC-Scheinen erhalten – mit Banderole.

So habe ich schließlich meine Rechnung für die Trekkingtour komplett mit 3 CUC-Scheinen bezahlt, während ich ansonsten immer darauf bedacht war Kleingeld zu horten. Nie konnte jemand herausgeben oder wechseln und – sofern ich keinen Einspruch erhoben habe – wurde der Rest dann automatisch als Trinkgeld eingesteckt.

Am nächsten Morgen machten wir uns auf für unsere 3-tägige Wandertour. Die Anfahrt erfolgte von Bayamo über Santo Domingo nach Alta Naranja, wobei wir die steilste Straße Cubas hinaufgefahren wurden. Von Alta Naranja mit einer Höhe von 950 m starteten wir unsere Wanderung. Der erste Tag stand völlig im Zeichen der Revolutionäre Fidel und Che. Wir wanderten zu der Comandancia de la Plata. Hier in den Bergen versteckten sich die Revolutionäre um Fidel Castro nach ihrer Landung aus Mexiko, um die Revolution vorzubereiten. Wir besichtigten einige Häuser, darunter das Feldlazarett, in dem Che Verwundete verarztete und die Casa Comandante von Fidel Castro. Auf dem Weg dorthin holte uns der erste große Regen ein. Susanne und ich waren uns einig; wenn es so weiter geregnet hätte, hätten wir die Besteigung des Pico Turquino abgeblasen. Aber der Wettergott hatte ein Einsehen mit uns und eine Stunde später strahlte die Sonne wieder vom Himmel. Bereits nachmittags um 15 Uhr waren wir in einem kleinen Dorf ‚La Platica‘ mit genau 39 Einwohnern. Hier steht eine Art Schutzhütte in der wir übernachten konnten. Schön war es auf der Platica. Die Terrasse des Küchenhauses steht weit oben am Berghang mit Blick auf das übrige Dorf. Wir beiden waren die einzigen Übernachtungsgäste. Wir verbrachten einen wunderschönen faulen Nachmittag in der Sonne. Zum Abendessen leisteten uns die Hühner und Schweine ab und zu Gesellschaft.

Am nächsten Morgen ging es früh los. Wir wollten nicht nur die rd. 400 Höhenmeter oberhalb gelegene Schutzhütte Aguada Joaquím erreichen, sondern nach dem Mittagessen dort weiter bis zum Gipfel des Pico Turquino. Es ging steil bergauf. Eine Stufe reihte sich an die andere; für mich schwieriges Gehen. Mehrfach stiegen wir die mühsam erklommenen Höhenmeter wieder hinab, um dann gleich wieder bergan zu steigen. Nach den 8 Kilometern bis zur Schutzhütte hatte ich eine Pause bitter nötig. Dann kam unser Guide Mino und sagte, er hätte da ein Problem. Er war der Meinung es würde nachmittags noch zu regnen anfangen – der Himmel bestand auch nur noch aus grau in grau – und außerdem war der Muli mit unserem Mittagessen noch nicht eingetroffen. Ohne Essen keinen Aufstieg, das war uns klar. Also warteten wir auf den Muli. Und warteten und warteten. Zwischenzeitlich trudelten rund 20 cubanische Wanderer ein, die zu einer Militäreinheit gehörten. Der Muli kam schließlich nachmittags um halbdrei Uhr. Es gab ein spätes Mittagessen und keinen Aufstieg auf den Berg mehr. Nach ein bißchen Palaver hatten wir einen frühen Aufstieg am nächsten Morgen vereinbart und hofften dabei insgeheim auf besseres Wetter.

Die Hütte war sehr, sehr einfach. Verbindung ins Tal besteht per Funkgerät. Gekocht wird auf offenem Feuer. Solarpanels gibt es – sie sind für den Betrieb des obligatorischen Fernsehers. Wir nutzten den Nachmittag um eine Dusche zu nehmen, falls man einen Eimer mit kalten Wasser und einer Schöpfkelle so bezeichnen kann. Trotzdem fühlten wir uns danach frisch und sauber. Nach dem Abendessen saßen wir noch ein bißchen mit den Cubanern zusammen und sahen fern. Früh haben wir uns ins Bett verkrochen, wobei wir uns warm angezogen haben. Hier oben war es kalt und wir hatten jeder nur zwei dünne Decken bekommen.

Wir haben erstaunlich gut geschlafen und machten uns früh morgens auf den Aufstieg zum Pico Turquino. Die ersten 350 Höhenmeter gingen kräftig in die Beine. Eine hohe Stufe an der anderen. Es ging steil nach oben. Weit gefehlt, wer dachte, danach wäre der schlimmste Anstieg geschafft. Es folgte ein stetes auf und ab, so daß wir doch noch einige Höhenmeter mehr bewältigen mußten. Trotzdem war es ein wunderschöner Weg durch den Wald. Es eröffneten sich immer wieder schöne Ausblicke auf die Umgebung der Sierra Maestre und das Tiefland. Das Wetter war hervorragend und nach 2 1/2 Stunden erreichten wir den Gipfel des Pico Turquino. Wir waren einigermaßen enttäuscht. Zwar wurden wir von der Büste des Nationalheldens Jose Martí in Empfang genommen, aber der Gipfel ist eingewachsen und bietet keinerlei Ausblicke auf die Umgebung. So blieben wir nicht allzu lange. Nach einer kurzen Pause machten wir uns wieder an den Abstieg, genossen noch einmal die Ausblicke von unterwegs und trudelten mittags um 12 Uhr wieder auf der Schutzhütte Joachím ein. Es erwartete uns ein fürstliches Mittagessen. Derweil war der Himmel zugezogen und kaum saßen wir über dem Essen als der Regengott alle Schleusen des Himmels öffnete.

Pünktlich eine Stunde später hörte es zu regnen auf und wir machten uns an den Abstieg bis Alto Naranja. Das ging in die Beine. Und spätestens nach 3 der weiteren zu laufenden 4 Stunden hatte ich eigentlich genug. Kurz vor dem nächsten Regen hatten wir dann die vielen Höhenmeter im Abstieg geschafft. Wir waren an dem Tag runde 1.000 Meter bergauf und fast 1.400 Meter bergab gelaufen, wenn mein Höhenmesser mich nicht angeschwindelt hat. Zumindest meine Beine fühlten sich danach an. Müde, müde, müde. Aber ein wundervoller Tag.

Das Taxi erwartete uns und brachte uns zurück nach Bayamo. Dort durften wir in der Casa von Gabriel Telléz, wo unsere Rucksäcke auf uns warteten, noch duschen und uns umziehen, bevor wir uns abends auf den Weg zum Busbahnhof machten. Ich wollte in einem Rutsch von Bayamo bis Havanna durchfahren. Mein Bus fuhr leider erst um Mitternacht, so daß ich Mühe hatte wach zu bleiben. Der Tag saß mir doch in den Knochen. Bis der Bus eintraf wußte ich nicht, ob ich mitfahren konnte. Ein Busticket zu reservieren war die Tage zuvor nicht möglich. Als der Bus endlich eintraf, ich ein Ticket bekommen hatte und dann im Bus saß, schlief ich sofort ein. Ich bin erst wieder morgens um 9 Uhr aufgewacht. Da waren es noch 3 Stunden bis Havanna. Wie schnell die lange Busfahrt doch vorbeiging.

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